Das Finanzgericht Baden-Württemberg hat in seinem Beschluss vom 23. Juni 2016 (Aktenzeichen 1V 1044/16) Grundsätze zum Nachweis der Bösgläubigkeit hinsichtlich eines angeblichen Umsatzsteuerkarussells beim Handel mit Silbergranulat im Verfahren der Aussetzung der Vollziehung festgelegt. Die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes soll auf Antrag ganz oder teilweise ausgesetzt werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen oder die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Im vorliegenden Verfahren spielte eine maßgebliche Rolle, ob nach summarische Prüfung eine Beteiligung an einer Steuerhinterziehung besteht und deswegen der Vorsteuerabzug versagt werden kann. Das Finanzgericht Baden-Württemberg bezieht sich dabei auf EuGH Urteile vom 6. Juli 2016 (C-439/04 und C-440/04, Kittel und Recolta Recycling, UR 2016,594, Rz. 51) und vom 21. Juni 2012 (C-80/11 und C-142/11, UR 2012,591, Rz. 53). Wirtschaftsteilnehmer, die alle Maßnahmen treffen, die vernünftigerweise von ihnen verlangt werden können, um sicherzustellen, dass ihre Umsätze nicht in einen Betrug -sei es eine Mehrwertssteuerhinterziehung oder ein sonstiger Betrug- einbezogen sind, können auf die Rechtmäßigkeit dieser Umsätze vertrauen, ohne Gefahr zu laufen, ihr Recht auf Vorsteuerabzug zu verlieren.
Welche Maßnahmen dabei im konkreten Fall von einem Unternehmer, der sein Recht auf Vorsteuerabzug ausüben möchte, verlangt werden können, um sicherzustellen, dass seine Umsätze nicht in einen von einem Wirtschaftsteilnehmer auf einer vorhergehenden Umsatzstufe begangenen Betrug einbezogen sind, hängt wesentlich von von den jeweiligen Umständen ab. Das Finanzgericht hat allerdings ausgeführt, dass die Darlegung- und Feststellungslast für die Bösgläubigkeit des Leistungsempfängers die Finanzbehörde trägt. Nach dem Finanzgericht ist der den Vorsteuerabzug begehrende Unternehmer - entgegen früherer Rechtsprechung des BFH - nicht verpflichtet einen echten Negativbeweis dahingehend zu führen, dass er keine Anhaltspunkte für etwaige Ungereimtheiten in Bezug auf den Leistenden oder die Leistung hatte. Verbleibende Zweifel, so das Finanzgericht Baden-Württemberg, gehen damit zulasten der Finanzbehörde.